Sibylle Omlin
Die Felder der Malerei
Zu den Bildern und BildObjektenvon Bignia Corradini bis heute
Die Farbe ist der Ort, wo sich unser
Gehirn und das Weltall begegnen.
Paul Cézanne
Ein kalter Januartag in Berlin. Der Bus fährt über die Spree, und nach einer langen Kurve steht er still, und ich steige aus. An der Straße hinter einer Mauer steht ein lang gezogener Klinkerbau, der mit mehreren Gebäuden zusammen eine Hofsituation bildet. Ich gehe durch ein Tor und stehe im Hof, der von mehreren Gebäuden umsäumt wird. Die Sicht nach Süden ist frei. Im Westen im Aufgang J befindet sich das Atelier von Bignia Corradini. Im vierten Stock gehe ich durch einen Flur und klopfe an die Tür. Bignia Corradini öffnet. Eine energische Dame, nicht sehr groß, mit blonder Kurzhaarfrisur und Brille. Das Atelier ist ein heller Raum, Bilder stehen gestapelt an einer weißen Wand, die Fenster gehen auf den Hof hinaus. Ein kleiner Tisch ist mit Früchten in verschiedenen Farben, Nüssen und Süßigkeiten gedeckt. Bignia macht Tee. Wir setzen uns erst mal und reden ein bisschen übers Leben, über Berlin. Über dies und das.
Seit 1972 lebt Bignia Corradini in Berlin, hat somit die Geschichte der Stadt miterlebt, die Mauer, die heftigen 1980er Jahre in Punk, Politik und Kunst; die Öffnung der Stadt nach der Wende, Berlin, das wieder Hauptstadt werden sollte und somit ein richtiges internationales Zentrum. Wie so viele Schweizer Künstlerinnen und Künstler hat sie hier einen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt gefunden. Ateliers, Kollegen, Diskurs, Museen, Austausch. Wann immer in der Stadt große historische Verwerfungen und Ereignisse stattgefunden haben, so erzählt Bignia Corradini, verlor sie ihr Atelier. Nach der Öffnung der Mauer 1989 erlebte sie enorme Mietpreissteigerungen mit. Zuletzt kaufte ein Immobilienkonzern den Kreuzberger Gewerbehof: In der großen alten Fabriketage am Erkelenzdamm, wo Bignia Corradini 20 Jahre lang arbeitete, fand eine Umstrukturierung statt. Seit vier Jahren arbeitet sie nun in Charlottenburg. Es sei ein Zufall, dass sie noch so etwas in Berlin gefunden habe, im alten Westen, sagt sie. Es gibt gar einen Hauswart und … eine Heizung! Wir sitzen an diesem kleinen runden Tischchen, der wie ein bunter Tondo wirkt – um uns herum ihre Kunst. Ein rautenförmiges rot-gelbes Bild hängt an einer kleinen Wand, neben uns stehen in einem Block rechteckige Leinwände bereit. Bignia steht auf, beginnt, die Bilder auszusortieren, und hängt das erste an die große leere Wand.
Tacet, 2002, Acryl auf Leinwand, 130 x 180 cm, das helle Gelb im rechten Bildteil
AOIN, 2012, Acryl auf Leinwand in Spiegelkasten mit vier Spiegeln, Holzrahmen, 97 x 97 cm
Durchzug, 2015, Acryl auf Leinwand, 170 x 150 cm, Blau immer wieder, eine Schlaufe
Lichtung, 2017, Acryl auf Leinwand, 100 x 100 cm,
Transfer, 2015, Acryl auf Leinwand, 170 x 150 cm, eine auffallende rote Stelle fällt wie eine Kaskade über das Weiß.¹
Die Farben überziehen in Bahnen und Feldern die Formate. Die Bildflächen bestehen oft aus dicht übereinander gelagerten Feldern, die immer noch eine Ecke, eine Bahn aus dem unteren hervorschauen lassen. Lichte Stellen oder gar eine Sicht auf die nackte Leinwand gibt es kaum, die letzte Schicht des Farbauftrags ist komplex verschlossen. Die Farben sind mit breiten Pinseln aufgetragen und verstrichen, die Farbrhythmen eng gesetzt und dicht ineinander gearbeitet.
Malerei ist etwas Langsames. Bignia Corradinis Kunst entsteht gleichzeitig in Serien von mehreren Bildern. In den Jahren 2001 bis 2005 entstanden zudem viele BildObjekte, schön gearbeitete Formen aus Holz, die die Farbe über die verschiedenen Kanten hinausziehen. Die bemalten Kugeln stehen oft auf Spiegelflächen. Spiegelkästen mit farbigen Wänden galt eine Untersuchung. In den Jahren 2008 bis 2009 waren Tondi und Rauten in ihrer Arbeit vorherrschend. Sie erzählt mir, dass das Experimentieren mit der Hängung in den großen Atelierräumen bis heute wichtig und weiterführend für sie ist. Ausstellungssituationen simulieren. Beim Besuch ihres Ateliers merke ich auf einmal, dass ich noch nie eine Ausstellung von Bignia gesehen habe.
»Mit meiner Malerei in den Raum zu gehen war mir seit den 1990er Jahren ein Bedürfnis«, sagt Bignia Corradini und nimmt einen Schluck Tee. Die weiße Wand wird somit zum Träger wie sonst die Leinwand. Die Räume waren nicht nur klassische Ausstellungsräume, sondern auch leerstehende Bürogebäude, mit Marmor verkleidete Räume von Privatbanken, ehemalige Fabrikhallen. Bignia Corradini hat so in drei Jahrzehnten die ausgeprägte Fähigkeit erlangt, ihre Bilder in den Raum zu setzen und zu stellen, damit herumzuexperimentieren. Bemalte Holzobjekte in mehreckigen geometrischen Formen neben rechteckigen Formaten. Klein und groß. Tondi und Rauten zu bemalten Kugeln, Kugeln neben Säulen und vor Spiegeln.
Das Hängen und in den Raum stellen gehöre zur Malerei, findet die Künstlerin. Mit ihren BildObjekten und Malereien komponiert sie Gruppen in Ecksituationen des Ausstellungsraumes, stellt BildObjekte in die Fläche, läßt Tondi frei von der Decke hängen. »Spätestens 2003 in der Ausstellung in Arbon, wo ich neben den Leinwandbildern auch 240 bemalte BildObjekte aus Holz zeigte, traten malerischer und realer Raum in einen Dialog miteinander. Mein Galerist Adrian Bleisch mietete vorübergehend bei Hamel AG sechs Fabrikräume an. Dort durfte ich dann je nach Raum die BildObjekte zeigen. Es war kein eigentlicher Ausstellungsraum, die Zeit spielte somit keine Rolle. Die Schweizer Jazz-Pianistin Irène Schweizer gab auch noch ein Solo-Konzert in diesen Räumen«.
Im Atelier sitzen, schauen und erzählen, ich mag das immer sehr. Bilder hervorziehen und dann in wilden Kombinationen im Raum stehen lassen. Die Rücken der Bücher und Kataloge der Künstler im Regal sehen. Die Postkarten mit Bildern von anderen Künstlern, die sie immer irgendwo liegen haben. Sie geistern meist schon viele Jahre im Atelier herum, abgegriffen, mit Farbflecken auf den unbeschriebenen Seiten. In Bignia Corradinis Atelier gibt es Karten aus Italien, die »Verkündigung« von Simone Martini und Lippo Memmi (1333) für die Kapelle des Hl. Ansanus im Dom von Siena und die »Verkündigung« von Fra Angelico (um 1442) im Konvent von San Marco in Florenz. Außerdem eine Karte der Apokalpysenrose von Sainte-Chapelle in Paris. Viele architektonische Elemente bestimmen die Malerei: Säulen, Blumenvasen, Fensterrahmen.
In Bignia Corradinis Atelier versuche ich lange, zu sehen und zu verstehen, was sie umtreibt. Ich betrachte graue, grüne und blaue Farbflächen und Farblinien, die mit breitem Pinsel und großer Energie auf das Bildformat aufgebracht worden sind. Die Farben sind meist im Kontrast gesetzt, aber nicht in komplementären Kombinationen. Übergange sind wichtig. Oft bestimmt eine breite Fläche nahe dem Zentrum das Bildgeschehen. Ein Rot wie in Transfer von 2015. Die Farbe ist wichtig. »In der Malerei ist nichts wahr außer der Farbe«, hat Theo von Doesburg geschrieben. ²
Die Farbstriche am Ende des Auftrags sind nicht satt gefüllt, sondern fasern oft aus. Der Pinsel lässt die Menge der mitgeführten Farbe in kleinen Flecken und Punkten zurück. So kann man immer in untere Schichten der Bilder hineinsehen, in eine komplexe Farbführung verschiedener Schichten. Ich stelle mir vor, dass die Farben der unteren Schichten ebenso im Widerstreit miteinander stehen wie jene an der Oberfläche.
Aber um Grund und Oberfläche geht es selten in den Bildern von Bignia Corradini. Man hat eher das Gefühl, dass jede Farbfläche ihren eigenen Ort finden muss, auch wenn sie eine andere überlagert oder bedrängt. Zusammenstöße, lange Kanten in unregelmäßigem Nebeneinander führen durch die Formate und sind ein bestimmendes Element in ihrer Malerei. Ein mit frei geformten Ziegeln gedecktes Dach. Die Diagonale – immer ein wichtiges Element in fast all ihren Bildern. Aber auch feine, schimmernde Übergänge von einer Farbe zur anderen. Wie Metall. Wie ein Schimmern auf einem Bildschirm. Hart, künstlich. Ich denke bei einigen Bildern an unlesbare Kartografien, an Großstadt, gesehen aus dem Flugzeug, die Kante des Flügels ist mitten im Blick.
»Farbe ist für mich in ihrer Erscheinung ›Fläche‹, nicht linear«, erzählt Bignia Corradini. »Meine Bilder sind gebaut, die einzelnen Bildelemente sind gesetzt, gegengesetzt, zusammengesetzt. Es gibt Gegensätze und Verbindungen. Die Übergänge interessieren mich am meisten. In diesem Sinne sind sie konstruiert, ein Konstrukt.« Bignia Corradini ist in ihrem Denken zu ihrem Tun klar und präsent.
Überhaupt interessiert sie lineares Denken nicht. Das Zusammen, das Nebeneinander, alles auf einmal … Das sind Wörter, die sie immer wieder sagt. Die hohe Komplexität in den Überleitungen der einzelnen Momente, das alles soll zusammen wirken, »… und darin muss Genauigkeit herrschen!« Bignia Corradini stellt hohe Anforderungen an sich und ihre Malerei, und auch das eigene Temperament will sie in diese Arbeit einbringen. Die Titel zu ihren Bildern sprechen davon.
Abstraktion, so lesen wir KunsthistorikerInnen in den Werken Wassily Kandinskys, Richard Paul Lohses oder Max Bills, ist ein Widerstreit von Intuition und Kalkulation, von spontaner Energie und mathematischer Präzision. »Es geht letztendlich darum«, schreibt Ettore Sottsass Jr., »einer schwerfälligen und zähen Materie Leichtigkeit zu verschaffen, ihr Form und Sinn zu geben, sie von unten her zu packen und in die Luft zu wirbeln, der Masse eine verblüffende und unvorhergesehene Bewegung zu geben. Das ist das eigentliche Problem, und in seiner Lösung besteht die Kunst.«³ Man sieht heute Bilder, wie sie Bignia Corradini malt, nicht mehr oft. Per Kirkebys Abstraktionen zeigten immer ein komplexes Ineinanderschichten von dunklen und hellen Farbflächen. In den 1980er Jahren konnte man bei Wilhelm de Koonings Malerei sehen, wie er seine Frauenfiguren auf dem Bildformat immer mehr in die Farbe hineindrängte. Figur und Grund waren fast nicht als Getrenntes erkennbar.
Seit Mitte der 1980er Jahre gilt Bignia Corradinis Beschäftigung ihren Farbzusammenhängen. Es ist in diesem ihrem Werk eine hohe Konstanz im Formalen zu beobachten. Es geht um das bewegte Zueinandersetzen von Farbe, immer Acryl, also satt deckend, dicht ineinander stoßend und immer den Gegensatz im kleinsten und engsten Raum suchend. Die Bildelemente sind gestisch frei gemalt, folgen keiner strengen Geometrie, sind aber klar von ihr geleitet. Die Bilder zeigen gerne ineinander gearbeitete rechteckige Felder, die von breiten diagonal gelegten Bahnen – längs und quer – begleitet, umfasst oder getrennt werden. Auch der Farbauftrag, die Textur der Malerei – transparente Lasuren und dicke, zähe Farbmasse –, zeigt sich über den langen Zeitraum beständig. In den 1990er Jahren war Farbe ab und zu getropft, verschmiert, mit der Hand aufgetragen. Was sich ändert, ist die Palette. Die Farben sind immer das Zentrale: in den 1980er Jahren werden die Primärfarben und Grün gern dem Schwarz und Weiß eingebunden. Die Bilder der 1990er Jahre hingegen zeigen gerne Mischungen aus Braun, Ocker, Gelb und Grün. In den 2000er Jahren kommt mehr Blau hinzu. Die Farben werden gebrochener, und neue Mischungen interessieren sie: Rosa, Lachs, Türkis, aber auch ein gebrochenes Weiß oder ein metallisch schimmerndes Grau.
Die Malerei im zeitgenössischen Kunstschaffen zeigt sich im neuen Jahrtausend mutig und frei. Alles ist möglich. Abstraktion wird in den Farben kühler, metallischer, die Farben der Bildschirme brechen in die Malerei ein, die Gegenständlichkeit und die surrealen Bildinhalte feiern um 2003 und 2004 mit den jungen Leipzigern neue Bedeutung. Die Abstraktion begeistert vermehrt auch wieder die Jüngeren. Cecily Brown in England, und in Deutschland Katharina Grosse. Gerhard Richter ist immer noch die alles überschauende Figur.
Bignia Corradini sieht dies alles. Sie bleibt einer Form von ungegenständlicher Malerei treu, die ganz alte Schichten dieser künstlerischen Form berührt. Wobei der Begriff, wie schon zu Beginn der abstrakten Malerei im frühen 20. Jahrhundert, für Probleme und Streit sorgt. Eigentlich ist man in der Betrachtung von abstrakten Bildern immer wieder versucht, Vergleiche zu anderen Gebieten zu ziehen, Gedanken aus Philosophie, Mathematik und Wissenschaft einzubinden.
Wir schälen Orangen und kommen auf Didi Hubermanns Phasmes zu sprechen.⁴ Ein Buch, das uns beide fasziniert. »Die Phasmiden!«, Bignia Corradini ruft es laut in den Raum, »bei seinem Text hat mich das Moment ihres ›Erscheinens‹ fasziniert. Sie sind da und nicht da. Sie sind da, und man sieht sie nicht; wenn man lange schaut, dann sieht man sie wieder. Es zeigt sich etwas und verbirgt sich zugleich.«
Dieses Auftauchen und gleichzeitig Nicht-da-sein ist ein wiederkehrendes Moment auch in Bignia Corradinis Bildern. Es ist nicht einfach zu fassen, beim Betrachten, beim Beschreiben. Die Diagonale. Sie gibt immer wieder Halt in diesem ständigen Hin und Her. Sie trennt in zwei Hälften, verbindet aber auch Quer und Längs.
»Meinst Du nicht auch, dass Farbe, wenn sie in der Malerei eingesetzt wird, immer mit Fläche zu tun hat?« Diese Frage von Bignia Corradini hängt im Raum. Ja, das denke ich auch. Ob sie ab und zu zeichne, frage ich sie. »Nein, Farbe ist für mich keine Linie. Linie ist ›Zeichnung‹. Und ich zeichne nicht. Ich füge oder setze – mit diversen Unmöglichkeiten und mit Umwegen – vielfältige Bildelemente zusammen.«
Mitte Juni. Es ist heiß … Das Blau des Meeres ist als fast geschlossenes Feld zu sehen. Nur wenige dunklere Rillen durchziehen die Wasseroberfläche. Ich steige den steilen Weg hinab zur felsigen Küste. Das Blau erhält nun abschnittweise runde Schaumkronen. Und ein dunkles Braun mischt sich dazwischen … die Felsvorsprünge der Küste. An Schwimmen ist hier nicht zu denken. Ich gehe einen kleinen Holzsteg an der Küste entlang, bis ein Strandabschnitt mit Liegestuhlreihen auftaucht. Am Rand des Holzstegs finde ich ein paar Felsbrocken und wenige Meter Sandstrand. Hier ziehe ich mich aus und steige dann ins Wasser. Die Wellen sind lang und fließen ruhig heran. Ohne weiße Kimme. Sachte wird mein Körper hin und her geschaukelt. Ich schwimme zwei Wellenkämme weiter hinaus und versuche dann, wieder in den Wellen zu stehen. Ich schaue nach unten. Unter meinen Füßen sind heller Sand, grünes Wasser, aber auch lange schwarze Blätter von Seetang. Diese machen das Wasser schwarz. Hier wage ich nicht, meine Füße hinzusetzen. Ich schaue lange ins Wasser.
Ich habe ein Mikroskop auf meinem Schreibtisch, mit dem ich immer wieder kleine Teile betrachte, Staub von Farbe, Farbkörner, Fingernägel, Haare. Die Objektive kann ich so drehen, dass ich immer tiefer in andere Schichten hineinschauen kann. Ich drehe vor und zurück. Wenn man in die abstrakten Muster hineinschaut, ist man oft an etwas erinnert, was die gebaute und gemalte Abstraktion auch sucht.
Ich gelange immer wieder an die Ränder der Sprache. Immer mehr kommen mir die Worte abhanden in diesen Bild-Beschreibungen. Ich schriebe gerne nur noch in Ausrufezeichen, Kommas und Strichpunkten … und einer Art seltenem Konjunktiv. Ich spräche gerne nur noch davon, dass ich vor einem Bild stehe im Atelier von Bignia Corradini und immer weiter hineinsinke, in die Tiefe hineinsehe, unter den hellgrünen Fleck, unter die rote Bahn. Ich weiß, dass Bignia Corradini nun in den Bergen wandert. Und ich möchte gerne wieder in ihrem Atelier sitzen und reden und lachen. Ich schreibe Bignia eine imaginäre Nachricht: Ich hoffe, Dir geht es gut und Deine Wanderung in den Bergen macht Dir Freude. Ich bin am Schreiben für Dich, und ich sehe ab und zu die Abstraktionen, die in unserer Welt sind und die Malerei immer wieder beschäftigt haben: die Farben, die Energie, die Kraft, das Licht, der Wind, die Atmosphären … und das Menschenleere. Usu. Aoin. Galu. Die Kunst in mikroskopischer Detailliertheit in ihren ganzen Gegensätzlichkeiten sehen.
Das bestimmt das Tun in der Malerei von Bignia Corradini. Es ist ein Unterwegs-Sein mit ihren Farben, mit ihren Pinseln, ihren Händen und den Bewegungen ihres ganzen Körpers. Diese Bewegungen führen in die Tiefe. Bignia Corradinis Bilder leiten an zur Wahrnehmung der Tiefe, des Inneren, des Sehens innerhalb der Materie der Malerei.
Und Bignia Corradini vergisst nie die Leichtigkeit eines fliegenden hellen Bandes, das sich am Ende über alles hinwegsetzt.
1 Abb. Tacet, Spiegelkasten, Durchzug, Lichtung, Transfer.
2 Theo von Doesburg, „Kommentare zur Grundlage der konkreten Malerei“, in: Konkrete Kunst. Manifeste und Künstlertexte, hrsg. v. Margrit Weinberg Staber, Studienbuch 1 der Stiftung für konkrete und konstruktive Kunst Zürich, Zürich 2001, S. 27.
3 Ettore Sottsass Jr, „was dem einen der Raum...“, in: Konkrete Kunst. Manifeste und Künstlertexte, hrsg. v. Margrit Weinberg Staber, Studienbuch 1 der Stiftung für konkrete und konstruktive Kunst Zürich, Zürich 2001, S. 71.
4 Georges Didi-Hubermann, Phasmes. Essays, Köln 2001.
August 2018
© Sibylle Omlin, Aven
in: „Bignia Corradini: Malerei | Painting 2000 – 2018 “,
Herausgeber: KERBER VERLAG, gebundene Ausgabe: 232 Seiten, 2018, 174 Farbabbildungen.
SIBYLLE OMLIN
geboren 1965 Zug. Sibylle Omlin ist Kunstwissenschaftlerin, freie Autorin/Kuratorin und lebt zwischen Wallis und Zürich (Schweiz). Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Geschichte der Neuzeit an der Universität Zürich. 1996-2001 redaktionelle Mitarbeiterin und Kunstkritikerin bei der Neuen Zürcher Zeitung. Seit 1999 als Dozentin und Vermittlerin für Kunsttheorie (u.a. für Zürcher Hochschule der Künste, Universität Zürich, Universität Konstanz) tätig. 2001–2009 Professorin am Institut Kunst der HGK Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel (Institutsleitung). 2009-2017 Direktorin an der ECAV Sierre (Ecole cantonale d’art du Valais). Sie ist Autorin und Herausgeberin von zahlreichen Büchern und Katalogtexten zu Malerei, Kunst im öffentlichen Raum und Landschaft, elektronische Kunst und Performance. www.sibylleomlin.com
»Tacet«, 2002, Acryl auf Leinwand, 130x 180cm
© Bignia Corradini und VG Bild-Kunst Bonn, 2022 / Foto: Lepkowski Studios Berlin
»AOIN« im Spiegelkasten, Acryl auf Leinwand, Holz, vier Spiegel, 97 x 97 cm
© Bignia Corradini und VG Bild-Kunst Bonn, 2022 / Foto: Lepkowski Studios Berlin
»AOIN«, Blick in den Spiegelkasten, Ausschnitt, 2012
© Bignia Corradini und VG Bild-Kunst Bonn, 2022 / Foto: Lepkowski Studios Berlin
»Durchzug«, 2015, Acryl auf Leinwand, 170 x 150 cm
© Bignia Corradini und VG Bild-Kunst Bonn, 2022 / Foto: Jochen Littkemann, Berlin
»Lichtung«, 2017, Acryl auf Leinwand, 100 x 100 cm
© Bignia Corradini und VG Bild-Kunst Bonn, 2022 / Foto: Lepkowski Studios Berlin
»Transfer«, 2015, Acryl auf Leinwand, 170 x 150 cm
© Bignia Corradini und VG Bild-Kunst Bonn, 2022 / Foto: Lepkowski Studios Berlin